Aufhebung der Schonzeit für Sauen in Baden-Württemberg

Aufhebung der Schonzeit für Sauen in Baden-Württemberg

@Thomas Atwell

Ab dem 01.03.2018 gilt in eine Verordnung des Landwirtschaftsminister Peter Hauk zur befristeten Aufhebung der Schonzeit für Sauen in Baden-Württemberg.

Ebenso sieht die Verordnung vor, das Jäger Nachtsichtvorsatzgeräte beantragen dürfen und fünf statt zwei Kirrungen anlegen können. Dies soll Wildschäden verringern und die ASP Prävention ermöglichen.

Im folgenden finden Sie die Verordnung im Wortlaut:

„Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes

Vom

Auf Grund von § 31 Absatz 3 Satz 1, § 33 Absatz 7 Nummer 4 und von § 41 Absatz 4 Satz 1 des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes vom 25. November 2014 (GBl. S. 550), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 26. Oktober 2016 (GBl. S. 577) geändert worden ist, wird verordnet:

Artikel 1
Änderung der Verordnung zur Durchführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes

Die Verordnung zur Durchführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes vom 2. April 2015 (GBl. S. 202), die durch Artikel 5 des Gesetzes vom 23. Juni 2015 (GBl. S. 585, 613) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

In § 5 Absatz 2 Nummer 3 wird das Wort „zwei“ durch das Wort „fünf“ ersetzt.
§ 9 wird wie folgt geändert:
a)  Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
b)  Es wird folgender Absatz 2 angefügt:
„(2) Zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest sowie zur Vermeidung erheblicher landwirtschaftlicher Schäden ist die Verwendung von künstlichen Lichtquellen sowie Nachtsichtvorsätzen und Nachtsichtaufsätzen für Zielhilfsmittel, zum Beispiel Zielfernrohre, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, beim Fangen und Erlegen von Schwarzwild vom Verbot des § 31 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a JWMG ausgenommen.“

§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 wird wie folgt gefasst:
„7. Schwarzwild ganzjährig,“

Artikel 2
Weitere Änderung der Verordnung zur Durchführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes

Die Verordnung zur Durchführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes vom 2. April 2015 (GBl. S. 202), die zuletzt durch Artikel 1 dieser Verordnung geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

In § 5 Absatz 2 Nummer 3 wird das Wort „fünf“ durch das Wort „zwei“ ersetzt.
§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 wird wie folgt gefasst:
„7. Schwarzwild vom 1. Mai bis 28. Februar unbeschadet der nach § 41 Absatz 2 Satz 2 JWMG vom 1. März bis 30. April zulässigen Bejagung des Schwarzwildes,“

Artikel 3 Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. März 2018 in Kraft, soweit in Absatz 2 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Artikel 2 tritt am 28. Februar 2019 in Kraft.

Stuttgart, den

Hauk

Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung

Begründung

Das Afrikanische Schweinepest (ASP)-Geschehen bei Haus- und Wildschweinen in den baltischen Staaten, Polen, der Tschechischen Republik sowie in Rumänien breitet sich weiter aus. Durch menschliches Fehlverhalten kann die Tierseuche jederzeit nach Deutschland eingeschleppt werden, wie sich dies im vergangenen Jahr in der Tschechischen Republik realisiert hat. Ein Ausbruch der ASP in der Wild- und insbesondere Hausschweinepopulation hätte erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen zur Folge. Der Nachweis der ASP in der heimischen Haus- und/oder Wildschweinpopulation würde zu dramatischen Umsatzeinbußen beim Handel mit Schweinen, Schweinefleischprodukten und sonstigen Produkten von Schweinen aus der betroffenen Region führen, da bei Seuchenfeststellung sowohl durch die EU- Kommission als auch durch Drittländer Verbringungsbeschränkungen sowie Importstopps mit sofortiger Wirkung verhängt würden. Aufgrund des Seuchenverlaufs bei Schwarzwild und dem damit verbundenen hohen Infektionsdruck für Hausschweine ist damit zu rechnen, dass diese Handelsbeschränkungen über mehrere Jahre gelten würden, da eine Tilgung der Seuche, wenn diese in der Wildschweinpopulation bereits stark verbreitet ist, auch bei Durchführung massiver Bekämpfungsmaßnahmen äußerst schwierig wäre und sich über Jahre hinziehen würde. Zusätzlich zu den behördlichen Restriktionen wird ein Rückgang des Schweinefleischverkaufs und ein Absinken der Verkaufserlöse wegen der zu erwartenden Kaufzurückhaltung der Verbraucher bei einem ASP-Ausbruch erwartet. Daneben wäre die Jagdausübung sehr stark beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Einschleppung dieser Tierseuche nach Deutschland zu verhindern beziehungsweise einen Ausbruch schnellstmöglich einzudämmen. Dabei kommt der Intensivierung der Schwarzwildbejagung zur Reduzierung der Gefahrenlage eine wichtige Schlüsselrolle zu.

Diese Änderungsverordnung ist Teil des vom Ministerrat am 6. Februar 2018 beschlossenen Maßnahmenplans zur Prävention und Bekämpfung der ASP. Das

JWMG enthält die notwendigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen, um auf Verordnungsebene die Ziele und Regelungen des Gesetzes unter diesem Aspekt zu konkretisieren.

II. Wesentlicher Inhalt

Wesentliche Inhalte der Verordnung sind Ergänzungen des JWMG unter dem Blickwinkel der wirksamen Prävention und gegebenenfalls der Bekämpfung der ASP

– zur Kirrung von Schwarzwild,

– zur Einschränkung des sachlichen Verbots des § 31 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a JWMG und

– zur Ausweisung einer besonderen Jagdzeit für Schwarzwild.

III. Alternativen

Alternativ kann ein Tätigwerden erst beim tatsächlichen Ausbruch der Seuche erwogen werden. Nach Einschätzung des Friedrich-Löffler-Instituts ist jedoch eine risikominimierende Reduzierung der Schwarzwildbestände um mindestens 70 Prozent Voraussetzung dafür, eine Absenkung des Infektionsrisikos sowie der Erregerverbreitung durch Tierkontakte zu erreichen und im Seuchenfall eine Tilgung der Seuche überhaupt mit Aussicht auf Erfolg durchführen zu können.

Andere Rechtsgrundlagen zur Wahrnehmung der sich aufgrund der Ermächtigungsgrundlagen des JWMG ergebenden Regelungsbefugnis stehen nicht zur Verfügung. Von der Wahrnehmung der Regelungsbefugnis wurde insoweit Gebrauch gemacht, als dies fachlich begründet, erforderlich und notwendig war.

IV. Wesentliche Ergebnisse des Nachhaltigkeitschecks

Bei einem Ausbruch der Seuche in Baden-Württemberg ist bei den schweinehaltenden Betrieben sowie der öffentlichen Hand mit Schäden und Ausgaben in mehrstelliger Millionenhöhe zu rechnen. Da es sich bei der ASP um eine Habitatseuche handelt, die nur schwer zu tilgen ist, stehen negative Folgen für die Wirtschaft einschließlich Exportbeschränkungen über mehrere Jahre hinweg zu befürchten. Die vorliegenden Regelungen tragen dazu bei, die Möglichkeiten der

Bejagung von Schwarzwild zu erweitern und so das Risiko des Eintritts dieser erheblichen Schäden und Ausgaben zu senken.

V. Ermittlung des Erfüllungsaufwands

Die Regelungen zu 1. und 3. ermöglichen den Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhabern eine individuellere, an den räumlichen Gegebenheiten ausrichtbare und damit effektivere Bejagung, indem im Bedarfsfall zusätzliche Kirrstellen zur Erleichterung der Bejagung angelegt werden können und zusätzlich im Zeitraum vom 1. März bis 30. April 2018 auch in Waldkerngebieten Schwarzwild bejagt werden kann. Eine Verpflichtung der Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhaber und eine Änderung des Erfüllungsaufwands gehen damit nicht einher.

Durch die Regelung zu 2. tritt auf Seiten der Verwaltung insgesamt eine Verringerung des Erfüllungsaufwands im Vergleich zur bestehenden Rechtslage ein. Nach bisheriger Rechtslage bedarf eine Ausnahme vom sachlichen Verbot des § 31 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a JWMG einer Einzelfallgenehmigung der obersten Jagdbehörde mit vorangehendem Antragsverfahren. Bei etwa 40.000 Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhabern in Baden-Württemberg und einer geschätzten Antragsquote von 5 Prozent ist mit 2.000 Anträgen zu rechnen, wobei auf Seiten der Antragstellenden zwei Stunden für die Antragstellung zu veranschlagen sind; dies ergibt einen Zeitaufwand auf Seiten der Antragstellenden von insgesamt 4.000 Stunden. Da es sich bei den Antragstellenden um Privatpersonen handelt, kann kein durchschnittlicher Stundensatz angegeben werden. Auf Seiten der Verwaltung ist derzeit mit einer Stunde Bearbeitungszeit bei der obersten Jagdbehörde durch eine mitarbeitende Person des höheren Dienstes sowie zusätzlich wegen der erforderlichen Stellungnahmen der unteren Jagdbehörden aufgrund der notwendigen Einzelfallprüfung mit einem Zeitaufwand von weiteren zwei Stunden durch eine mitarbeitende Person des gehobenen Dienstes bei den unteren Jagdbehörden zu rechnen. Auf Seiten der obersten Jagdbehörde sind damit bei 2.000 Bearbeitungsstunden zu je 58,10 € (Lohnkosten höherer Dienst / Länder) 116.200 € zu veranschlagen sowie auf Seiten der unteren Jagdbehörden, die teils bei den Landratsämtern, teils bei den Stadtverwaltungen der Stadtkreise angesiedelt sind, bei 4.000 Bearbeitungsstunden zu je 36,30 € (Lohnkosten ebenenübergreifend Länder/Kommunen) 145.200 €, insgesamt auf Seiten der Verwaltung somit 261.400 € zu veranschlagen.

Durch die Verordnung entfällt wegen der Einschränkung des jagdrechtlichen sachlichen Verbots zur Verwendung künstlicher Lichtquellen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z.B. Zielfernrohre), die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, beim Fang oder Erlegen von Schwarzwild der Erfüllungsaufwand bei den unteren Jagdbehörden und auch weitgehend bei der obersten Jagdbehörde mit Ausnahme des Aufwands der einmaligen Erstellung einer Handreichung für die nachgeordneten Behörden sowie gegebenenfalls der Beratung in Einzelfällen. Dieser Aufwand wird pauschal auf 10 Prozent des ursprünglichen Erfüllungsaufwands und damit auf 200 Stunden zu je 58,10 €, d.h. 11.620 € geschätzt. Der Erfüllungsaufwand auf Seiten der Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhaber entfällt durch den Wegfall des Antragsverfahrens in Bezug auf das jagdrechtliche sachliche Verbot vollständig.

Insgesamt wird durch die vorliegenden Regelungen eine Reduzierung des Erfüllungsaufwands in Höhe von 249.780 € bewirkt.

VI. Finanzielle Auswirkungen

1. Kosten für die öffentlichen Haushalte

a. Finanzielle Auswirkungen auf die unteren Verwaltungsbehörden, Städte und Gemeinden

Mehrkosten bei den unteren Verwaltungsbehörden entstehen durch die Regelung nicht.

b. Finanzielle Auswirkungen für das Land

Mehrkosten für das Land entstehen durch die Regelung nicht.

Im Fall des Ausbruchs der ASP ist jedoch mit erheblichen Kosten für die öffentlichen Haushalte zur Seuchentilgung zu rechnen.

2. Kosten für die Privatwirtschaft und private Haushalte

Mehrkosten für private Haushalte entstehen nicht. Im Fall des Ausbruchs der ASP ist ebenfalls mit erheblichen Kosten für die Privatwirtschaft zu rechnen.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

Zu Nr. 1:

Durch die zeitlich befristete Erhöhung der pro Jagdbezirk für Schwarzwild mindestens zulässigen Kirrungen soll die Möglichkeit eröffnet werden, den Jagderfolg bei der Ansitzjagd zu steigern.

Zu Nr. 2:

Schwarzwild ist in der Kulturlandschaft überwiegend nachtaktiv und daher schwierig zu bejagen. Ohne die Jägerschaft kann die Absenkung der Schwarzwildbestände kaum gelingen. Dies erfordert mehr Freiheit bei der Verwendung von technischen Hilfsmitteln bei der Nachtjagd, wodurch eine tierschutzgerechte und effektive Regulation der Schwarzwildbestände erleichtert wird.

Die kurzfristige und zeitlich begrenzte Anwendung von Nachtzieltechnik in Form von Nachtsichtvorsätzen und -aufsätzen im Rahmen jagdbehördlicher Beauftragung bestimmter Jägerinnen und Jäger ist ein weiteres schnelles und wirksames Instrument zur präventiven Reduzierung der Schwarzwildbestände und zur Bekämpfung der ASP an besonderen Problemschwerpunkten. Langfristig kann die Verwendung von Nachtsichttechnik zur Wildschadensprävention an Schadensschwerpunkten sinnvoll sein.

Im Verordnungsweg wird das sachliche Verbot des § 31 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a JWMG in Bezug auf die Verwendung künstlicher Lichtquellen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z.B. Zielfernrohre), die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, beim Fang oder Erlegen von Schwarzwildeingeschränkt. Daneben bestehende Vorgaben des Waffenrechts bleiben unberührt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist im Einzelfall eine Beauftragung im Sinne des § 40 Absatz 2 des Waffengesetzes (WaffG) durch die unteren Jagdbehörden möglich. Diese richtet sich auch nach den örtlichen Gegebenheiten und kann durch die untere Jagdbehörde befristet erteilt werden. Für die dauerhafte jagdliche Anwendung von Nachtsichtvorsätzen und -aufsätzen wäre mittelfristig eine Änderung des Waffengesetzes des Bundes erforderlich.

Zu Nr. 3:

Zeitlich befristet wird eine besondere Jagdzeit für Schwarzwild im Zeitraum vom 1. März bis 30. April zur Tierseuchenbekämpfung bestimmt. Damit ist die Bejagung von Schwarzwild aller Altersklassen auf allen Flächen, auf denen die Jagd ausgeübt werden darf, unter Beachtung des Elterntierschutzes zulässig. Mit der Ausweisung einer Jagdzeit in diesem Zeitraum geht die Erlaubnis zum Kirren einher. § 5 Absatz 2 Nummer 1 DVO JWMG bleibt unberührt.

Zu Artikel 2

Durch Artikel 2 treten § 5 Absatz 2 Nummer 3 und § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 DVO JWMG am 28. Februar 2019 mit dem bisherigen Wortlaut neu in Kraft.

Zu Artikel 3

Artikel 3 sieht ein gestaffeltes Inkrafttreten von Artikel 1 und 2 vor. Artikel 1 tritt am 1. März 2018 in Kraft, Artikel 2 am 28. Februar 2019.“