15 Fragen an Meuteführer Andreas Schniete

15 Fragen an Meuteführer Andreas Schniete

©Pauline von Hardenberg

SAUEN: Ein wichtiges Thema, das immer wieder zu Debatten führt, ist Schärfe. Wie wichtig ist sie für dich?

Schniete: Unser Kernauftrag lautet: Die Sauen aufzuspüren, egal wie schwierig das Gelände ist. Den Sauen, nicht dem Dam-, Rot- oder Rehwild, soviel Druck zu machen, dass sie die Einstände verlassen. Das Strecke-machen sollte möglichst den Schützen überlassen sein. Das heißt für mich, dass zu scharfe Hunde, die jede Sau, egal welcher Größe, sofort fassen, nicht das Maß aller Dinge sein können. Allerdings müssen sie in der Lage sein, auch grobe Sauen bzw. große Rotten im Team so unter Druck zu setzen, dass sie sich zügig in Bewegung setzen.

SAUEN: Was verlangst du noch von deinen Hunden?

Schniete: Dass sie angeschweißtes Wild gnadenlos binden. Es ist erstaunlich, wie viele kranke Stücke auf Bewegungsjagden von den Hunden gestellt und von uns erlöst werden. Leider wird darüber keine Statistik geführt, denn die dadurch geretteten Wildbretmengen sind enorm.

Meuteführer Sauen Wildschwein Jagd Jägermagazin hunting wildboar

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SAUEN: Wie binden Hunde idealerweise kranke Sauen?

Schniete: Ich habe so etwas wie ein Ri- tual entdecken können, was für die enorme Erfahrung meiner Hunde spricht: Ein Hund findet das kranke Stück und verbellt es. Andere aus seiner Meute hören es und sind schnell zur Stelle. Alle halten einen vernünftigen Sicherheitsabstand. Wenn genug Verstärkung eingetroffen ist, fällt einer der älteren Hunde plötzlich die Ent- scheidung zuzufassen. Und in diesem Moment, in Bruchteilen von Sekunden, fassen alle wie auf ein geheimes Kommando. Keiner lässt mehr los.

SAUEN: Warum ist das so wichtig?

Schniete: Das ist ein Merkmal kontrollierter Schärfe. Wenn alle fassen und gnaden- los halten, verringert sich das Verletzungsrisiko für die Hunde, und das Abfangen durch den Meuteführer vereinfacht sich massiv. Auch da haben etwas größere Hunde ihre Vorteile, da sie alleine duck ihr Gewicht in diesem Moment wesentlich effektiver sind.

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SAUEN: Es fällt auf, dass keiner deiner 32 Hunde eine Schutzweste trägt. Ist das nicht ziemlich gefährlich?

Schniete: Ich habe diese an einigen Hunden ausprobiert und lehne diese aus verschiedenen Gründen ab:

1. Die Beweglichkeit und Reaktionsgeschwindigkeit wird erheblich eingeschränkt.

2. Die Ausdauer wird durch das zusätz- liche Gewicht und die Einschränkungen im natürlichen Bewegungsablauf ganz klar reduziert.

3. Die Überhitzungsgefahr für die Hunde bei höheren Temperaturen, z.B. bei Maisjagden, ist nicht zu unterschätzen. Vor allem bei Hunden, die gerne bis zur absoluten Erschöpfung jagen, sind Kreislaufprobleme oft programmiert.

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Des Weiteren habe ich den Eindruck, dass junge Hunde, die rechtzeitig Sauenkontakt haben, was meistens Prellungen und kleine Schmisse mit sich bringt, sehr schnell das von den Sauen ausgehende Schmerz- und Gefahrenpotenzial erlernen und somit gefährliche Situationen besser einschätzen kön- nen. Durch das Tragen der Westen verpuffen solche Angriffe relativ wirkungslos, so dass meiner Meinung und Erfahrung nach kein positiver Lerneffekt eintritt bzw. ganz im Gegenteil durch das Fehlen schmerzhafter Erfahrung die Hunde immer schärfer und mutiger werden, was irgendwann unweigerlich zu sehr schlimmen Verletzungen führen kann, da die Westen auch keinen hundertprozentigen Schutz bieten.

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SAUEN: Wie stehst du als Meuteführer zur Telemetrie bei Meutehunden?

Schniete: Zwiegespalten. Innerhalb kürzester Zeit lernen Hunde, dass es viel bequemer ist, auf das „Taxi-danach” zu warten und sich abholen zu lassen, anstatt den Meuteführer selbst wiederzufinden. Für Schweißhunde, die nach einer Hetze das Wild stellen und nicht mehr verlassen sollen, und Hunde, die fast ausschließlich vom Stand geschnallt werden und somit die Führerbindung nicht ganz so stark ist, ist dieses Gerät natürlich ein absolutes Muss und eine erhebliche Hilfe zum Auffinden des Hundes.

SAUEN: Abschließend eine andere Frage: Du führst ja eine reine Sauenmeute. Gibt es Akzeptanzproblemem in Revieren, in denen Rot-, Dam- und Rehwild reichlich vorkommen?

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Schniete: Die Angst, dass Meuten das Hochwild aus den Revieren jagen würden, so dass sie Wochen nicht wiederkommen, kann ich in keiner Weise bestätigen. Da erfahrene Meutehunde Rot- und auch Damwild (und natürlich auch Rehwild) nur kurze Strecken anjagen, kann man meistens eine relativ entspannte und kontrollierte Flucht beobachten. Meine Erfahrung ist, dass diese Wildarten sich von den Hunden weitaus weniger beeindrucken lassen als die Sauen und innerhalb kurzer Zeit ihre Einstände wieder aufsuchen. Überhaupt muss man sagen, dass Effizienz bei der Bewegungsjagd ausschlaggebend ist – zum Wohle des Wildes, das im Winter Ruhe braucht.

SAUEN: Du hast als MEuteführer viel mit Vorurteilen und Neidern zu kämpfen, was wäre deine Wunschvorstellung im Hinblick auf die Zukunft?

Schniete: Ich möchte an dieser Stelle unbedingt darauf hinweisen, dass alle hier gemachten Angaben und Meinungen nur meine eigenen Erfahrungen der letzten 24 Jahre bei durchschnittlichen Jahresstrecken von rund 1.200 Stück Schwarzwild widerspiegeln. Natürlich werden andere Meuteführer andere Erfahrungen gemacht haben, und ich hoffe, dass wir in Zukunft auch darüber im SAUEN-Magazin etwas lesen werden. Alle Hundeführer und Jäger sollten endlich gemeinsam an einem Strang ziehen, ganz egal welche Art von Jagd wir mit unseren vierläufigen Freunden aus- üben. Die Jägerschaft in Deutschland ist einfach zu klein, als dass sie sich solche nichts bringenden Grabenkämpfe noch länger leisten könnte.