Interview mit Meuteführer Andreas Schniete

Interview mit Meuteführer Andreas Schniete

©Pauline von Hardenberg

Wann begann Ihre Liebe zum Schwarzwild?

Seit ich vier Jahre alt war, begleitete ich meinen Opa zur Jagd. Er zeigte mir alles, was mich als Kind interessierte. Und das Größte für mich waren die Ansitze bei Mondschein auf Sauen. Ich lauschte immer ganz angestrengt in die Nacht, und jedes kleine Knacken oder schrecken des Rehwildes in der Ferne ließen mir den Atem stocken und die Luft anhalten. Auf mich wirkten sie immer gefährlich, geheimnisvoll, heimlich und schlau, wie Geister aus einer anderen Welt. Und diese geheimnisvolle Aura hat mich schon damals in ihren Bann gezogen – und es hat sich bis heute nicht geändert.

Erzählen Sie uns von Ihrer größten Blamage bei der Schwarzwildjagd.

Eines Morgens fährtete ich bei einer Revierrunde eine gewaltige Sau. Riesiges Trittsiegel, gewaltige Schrittweite, tiefe Eindrücke. Kurzum: das musste er sein, der ultimative Keiler, der Urian. Und: den wollte ich haben. Um jeden Preis. Die Nächte vergingen, und ich rechnete nicht mehr damit, ihn in Anblick zu bekommen. Doch plötzlich stand er vor mir, kein Geräusch habe ich gehört, wie aus dem nichts stand er da. Ein Riesenschwein, pechschwarz, ein Wesen aus einer längst vergangenen Zeit, mit gewaltigen Federn auf dem massigen Rücken. Ich hatte plötzlich einen nassen, eiskalten Rücken, das Fieber brannte in meinen Eingeweiden. Langsam nahm ich die Waffe hoch, schob sie aus dem Fenster. Jetzt bloß keinen Fehler machen, kein Geräusch, den Atem beruhigen und zielen. den Körper noch etwas drehen für noch ruhigeres Zielen und dann – passierte es. Beim leichten drehen des Körpers stieß ich mit der Fußspitze meine Thermoskanne um… danach habe ich den Urian nie wieder gesehen. Auch in den umliegenden Revieren ist nie etwas von ihm gehört worden.

Deutschlands erfolgreichster Meuteführer Andreas Schniete meint: »Die erlegung bleibt immer etwas Besonderes.«

Was unterscheidet die Schwarzwildjagd von anderen Jagdarten?

Das Schwarzwild ist unser einzig wehrhaftes Wild. Es ist schlau, anpassungsfähig, vorsichtig, lernfähig. Man denkt, nun weiß man, wie sie sich verhalten, belehren sie uns eines Besseren. Ich kenne nichts, was mir nach 30 Jahren Extremjagd noch immer derart das Adrenalin in die Adern pumpt, wie der Ruf: „Sauen!”

Sauen Wildschwein Jagd Jägermagazin hunting wildboar

©Pauline von Hardenberg

Woran liegt es Ihres erachtens, dass die Schwarzwildjagd so unglaublich beliebt ist?

Unsere Sauen sind im erschließen neuen Lebensraums unaufhaltsam. Selbst eingefleischte Niederwildjäger haben ihre Passion zum Schwarzwild entdeckt. Und wenn man auf den zahlreichen Drückjagden in die begeisterten Gesichter von Schützen sieht, wenn sie auch nur einen einzigen Frischling gestreckt haben, dann weiß man, was diese Wildart für eine faszinierende Wirkung auf uns Jäger ausübt.

Sind unsere Sauenbestände hochgezüchtet?

Von Jägern und Revierinhabern sind die Sauen sicherlich nicht hochgezüchtet. Eher ist es der unglaubliche Wandel der Landwirtschaft, welcher den Sauen ein enormes Fraßparadies beschert. Maisschläge bis zu einer Größe von 200 Hektar und mehr, riesige Getreide-, Senf- und Rapsfelder bieten den Sauen den perfekten Lebensraum. Dazu kommt die enorme Reproduktionsrate der Schwarzkittel. Selbst führende 30-Kilo-Bachen mit zwei bis drei Frischlingen sind keine Seltenheit mehr. Und: sie lernen! Und zwar schnell.

Werden wir die Schwarzwildsituation je in den Griff bekommen?

Wenn sich Jäger und Revierinhaber besser abstimmen und mehr zusammenarbeiten, und der Neid in einem so schönen, aber auch wichtigen Hobby nicht so stark verbreitet wäre, wäre es möglich, Sauen effizienter zu bejagen. Wenn es nicht immer noch so viele Gegner von speziell für die Schwarzwildjagd eingearbeiteten, vernünftig agierenden Meuten geben würde, dann könnten wir noch besser in die Schwarzwildbestände eingreifen.

Was wünschen Sie sich für die jagdliche Zukunft?

Die Jägerschaft muss eine Einheit werden. sonst bieten wir den Anfeindungen von außen eine hervorragende Angriffsfläche. Wenn das in unseren Gehirnen nicht bald ankommt, sehe ich für die Zukunft keine besonders rosigen Aussichten. Leider kommt beim Menschen die Reue oft erst, wenn es zu spät ist. Auch da können wir von den Sauen lernen, denn sie stellen sich sofort auf veränderte Lebensbedingungen ein.

Es ist Vollmond, mitte Dezember, Schnee bedeckt das Revier, freie Sicht und freies Schussfeld. und da erscheint er: Der Vorzeigekeiler, der Urian, der Basse schlechthin, das „Ding aus einer anderen Welt“. Für welchen Moment würden Sie diesen gerne eintauschen?

Außer für das unbedarfte, glückliche Lachen eines Kindes für nichts auf dieser Welt.